Grußwort Pfarrer Manfred A. Kolberg

Grußwort Pfarrer Manfred A. Kolberg

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Grußwort Pfarrer Manfred A. Kolberg

Wir haben oft zu wenig Zeit für uns selbst, zu wenig Zeit für andere und für das, was uns wichtig ist. Erholung, Ausspannen, Genießen, gute Gemeinschaft bleiben darum auf der Strecke. Neu ist diese Erkenntnis nicht, aufregend klingt sie auch nicht, eher etwas abgegriffen. Nur trifft sie leider zu.
Vor 50 Jahren ist ein Kinderbuch erschienen, das sich genau mit dieser Problematik beschäftigt: „Momo“ von Michael Ende. Später wurde das Buch dann auch verfilmt.

Eines Tages ist Momo, ein kleines Mädchen in der Stadt. Woher sie kommt, weiß niemand. Aber das ist auch nicht wichtig. Sie hat viel Zeit, findet schnell Freunde, erzählt gern Geschichten. Was aber am wichtigsten ist: Sie kann unheimlich gut zuhören.
Es gibt genügend Menschen, die dafür sehr dankbar sind. Momo hat aber auch gefährliche Feinde, die Zeitdiebe. Das sind graue Männer, die den Menschen vorrechnen, wie sehr sie ihre Zeit verschwenden: mit Schlaf, Essen, Einkaufen, mit dem Besuch bei der alten Mutter, mit Träumereien und dem Spielen mit Kindern. Um diese unnütz verwendete Zeit feilschen die Zeitdiebe mit den Menschen. Sie sollen sie doch lieber auf einer Zeitbank sparen. Und tatsächlich: Immer mehr Menschen lassen sich auf diesen Handel ein und nehmen die Sache immer ernster. Seltsamerweise merkt keiner, dass so das Leben immer ärmer, kälter und gleichförmiger wird.
Irgendwann kommt es zum Showdown zwischen Momo und den grauen Männern. Sie muss all ihren Mut zusammennehmen und siegt nur knapp. So schenkt sie den Menschen die Zeit zurück und damit das Leben in seiner ganzen Buntheit, die Freude, das gute Miteinander.

Mich hat Momo an Jesus erinnert. Er hatte Zeit und nahm sich Zeit: Zeit, Mensch zu sein, mit anderen, für andere. Er nahm sich Zeit, in Kana eine Hochzeit mitzufeiern; er segnete Kinder, als seine Jünger das für Zeitverschwendung hielten; er betete lange zu seinem Vater, auch wenn Tausende auf ihn warteten; er redete sehr lange mit einzelnen Menschen, die das im Augenblick gerade nötig hatten. Und all das sah er nicht als verlorene Zeit an, sondern als wichtig und unverzichtbar.
Jesus ist stets von der Frage ausgegangen: „Was ist mir wirklich wichtig?“ und danach hat er dann gehandelt. Was würde sich bei uns ändern, wenn wir uns diese Frage immer wieder stellen würden: Was ist mir wirklich wichtig?“ Was würde sich bei uns ändern, wenn wir unser Leben danach gestalten würden? Michael Ende hat in seinem Buch sehr fantasievoll gezeigt, dass eine nur noch verzweckte, zwanghaft nützlich verwendete Zeit herzlos, freudlos, leblos ist. Leben, das den Namen „Leben“ verdient, kennt auch Zeit für Freude, Spiel, gutes Miteinander, gegenseitiges Helfen, Ausgelassenheit, Erholung, Durchatmen. Das ist uns ein Stück abhandengekommen. Unser Autopilot geht in eine andere Richtung. Darum braucht es ein bewusstes Gegensteuern. Perfekt eignen sich dafür zum Beispiel die Tage der Kirchweih: Zeit für sich und andere, Ausspannen und Genießen. Und wenn es gutgetan hat, dann sollte man unbedingt etliches davon in den Rest des Jahres mitnehmen. In diesem Sinne wünsche ich den Ortsburschen, allen Diespeckern und allen Gästen eine schöne Kirchweih. Über einen guten Besuch des Kirchweihgottesdienstes am Sonntag um 9.30 Uhr freut sich
Ihr und Euer Pfarrer Manfred A. Kolberg


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