Weiltingen – Vor 470 Jahren erhielt Weiltingen das Marktrecht. Verliehen wurde es anno 1554 durch Kaiser Karl V. an die seinerzeitigen Herrscher, an die Herren von Knöringen. Von den damals verliehenen vier Jahrmärkten und den dazu noch möglichen Wochenmärkten haben sich bis heute der Frühjahrsmarkt am Muttertag (2. Sonntag im Mai) und, wie kommendes Wochenende, der Herbstmarkt am Erntedankfest (1. Sonntag im Oktober) gehalten. So sind es auch die Marktsonntage, die die Kirchweih andernorts ersetzen.
Das Marktgeschehen beginnt traditionell schon unter der Woche am Mittwoch mit der Schlachtschüssel in der Traditionsgaststätte „Post“, die auch das ganze Wochenende mit einem reichhaltigen Angebot an kulinarischen, fränkischen und gutbürgerlichen Köstlichkeiten aufwartet. Dazu kommt die „Krone“, die heuer um Vorreservierung bittet.
Gottesdienst um 9.00 Uhr
Der Erntedankgottesdienst beginnt am Sonntag um 9.00 Uhr in der Kirche St. Peter. Danach öffnet das „CoWorkLand“ im Rathaus seine Türen. Diese Möglichkeit, Telearbeitsplätze stundenweise zu mieten, bietet Platz für Menschen, die im Ort Telearbeit verrichten wollen. Im Schützenhaus lädt ab 12 Uhr der Kinder- & Schulförderverein e. V. Weiltingen zu Kaffee und Kuchen ein. Angeboten wird zudem Gutes aus Küche und Keller. Traditionell einer der Höhepunkte wird aber sicherlich wieder das Konzert der Blaskapelle Frankenhofen unter der Leitung von Otto Czech im Schlossgraben um 13.30 Uhr mit seiner besonderen Akustik sein.
Sonderausstellungen im Heimatmuseum
„Landwirtschaft im Wandel der Zeit“ heißt die große Sonderausstellung in der ehemaligen Turnhalle im Rathaus, während im Heimatmuseum selber an die 500-jährige Geschichte des Evangelischen Gesangbuchs erinnert wird. Beide Ausstellungen sind noch bis Anfang November jeweils sonntags von 13 bis 17 Uhr zu sehen.
Einblicke in das fast ausgestorbene Seilerhandwerk
Dem Weiltinger Museumsverein wurden kürzlich die Gerätschaften der früheren Seilerei Fürnrohr überlassen.
Walter Vitzthum, als ehemaliger Kreisheimatpfleger hatte dazu die Kontakte geknüpft. Mit den Häusergeschichten aus Weiltingen und neu aus Ruffenhofen entstanden zwei Bücher, die viel über die Menschen und deren Häuser im Laufe der Jahrhunderte festhalten. Ein Anliegen der Heimatforscher ist es unter anderem auch, dass die früheren Handwerksberufe nicht in Vergessenheit geraten. So entstand der Kontakt zur Familie Fürnrohr in Wittenbach, deren Vorfahren in Weiltingen als Seiler tätig waren. Der Beruf des Seilers kann in Weiltingen über Jahrhunderte nachgewiesen werden. Zunftordnungen, die Herzogin Juliane im Jahr 1669 erlassen hatte, sowie eine Zunftlade aus dieser Zeit beweisen dies. In jener Zunftlade, die als Leihgabe des Volkskundemuseums Wien einige Jahre in Weiltingen zu sehen war, sind zehn Weiltinger Handwerksmeister genannt, darunter Caspar Frey, der von 1668 bis 1689 Seiler in Weiltingen war. Beweis ist auch eine Rechnung von 1680 für ein Glockenseil.
Der Name Frey tauchte über mehrere Generationen bis 1824 im Zusammenhang mit dem Seilerhandwerk auf. Daneben gab es wohl mehrere Seiler mit dem Namen Pfister, deren Spur sich kurz vor 1900 verliert. Die letzte Seilerfamilie waren dann die Fürnrohrs. Wilhelm Friedrich Fürnrohr, geb. 1873 in Heidenheim am Hahnenkamm kaufte 1896 das Anwesen in der Wörnitzstraße Nr. 126, heute Nr. 5 und eröffnete eine Seilerwerkstatt mit Laden. Seine Frau Karoline (1872–1951), geb. Schmidt, war eine Tochter des Wagners Friedrich Schmidt in der Oberen Straße. Sein Sohn, Seilermeister Wilhelm Friedrich Fürnrohr (1901–1977), war verheiratet mit Maria Luise Schällmann. Als es immer weniger wurde mit den Seilen für die Landwirtschaft, ging er als Forstarbeiter in den Staatswald. Sein Sohn Friedrich erlernte den Beruf des Seilers noch, machte aber keine Meisterprüfung mehr. Er zog nach Wittenbach.
Vorführung Seilerhandwerk
Am Herbstmarkt wird der fast 94-jährige Friedrich Fürnrohr, zusammen mit seinem Sohn von 14 bis 16 Uhr beim Heimatmuseum das Handwerk des Seilers vorstellen. Die dort angefertigten Seile (Springseile) werden an Kinder gegen eine Spende abgegeben. Außerdem wird im Heimatmuseum ein Film aus dem Jahr 1976, in dem Fritz Fürnrohr seinen Beruf vorstellt, gezeigt. Jürgen Eisen