Immaterielles Kulturerbe, die fünfte Jahreszeit für Dinkelsbühl, eine mutmachende Geschichte für alle Generationen und ein Gefühl der Verbundenheit, mit der Heimat und den Mitmenschen - das ist die Kinderzeche.
Von Freitag, 12. Juli, bis Sonntag, 21. Juli, ist in diesem Jahr die Kinderzeche und lädt mit Konzerten, mit dem Volksfest am Schießwasen, mit ökumenischem Festgottesdienst, Beschenkung der Kinder, mit Lagerleben vor den Toren der Stadt, mit Festzug durch die einstige Reichsstadt und vor allem mit dem Festspiel und der historischen Stadtübergabe zum Mitfeiern ein. Die Kinderzeche verbindet die Dinkelsbühler, miteinander feiern, lachen, essen, trinken und Willkommenskultur pflegen.
Gar nicht willkommen waren im Jahr 1632 die Schweden vor den Toren der Stadt, denn nach der Historie belagerten Truppen des schwedischen Obristen Claus-Dietrich von Sperreuth die Stadt. Bedingungslose Kapitulation auf „Gnad und Ungnad“ war deren Forderung. Der katholisch-protestantische Religionskrieg war in Dinkelsbühl angekommen. Auf des Kaisers Hilfe warteten die Ratsherren vergeblich, obwohl der Kaiser ihnen Schutz für die geleisteten Steuern und Abgaben zugesichert hatte. Eine Zwickmühle für den Rat katholischen Glaubens, zumal dreiviertel der Bevölkerung mittlerweile evangelischen Glaubens war. Die dramatischsten Stunden in der Geschichte der Reichsstadt Dinkelsbühl werden in der Kinderzech dargestellt.
Ursprünge der Kinderzeche
Geschrieben wurde das Münchner Festspiel vom Hofrat Ludwig Stark im Jahr 1896 und ein Jahr später uraufgeführt. Seitdem fast unverändert und deshalb gilt die Kinderzeche als echtes Heimatfest und gehört zur Identität von Dinkelsbühl. Ursprünglich war das Heimatfest unter dem Begriff „Schulzeche“ bekannt und war ein von Stadt und Kirche bezahlter Ausflug der katholischen Lateinschüler zum Schuljahresende, Aufzeichnungen aus dem 15. Jahrhundert, verbrieft im Jahr 1629 als „Zechgeld“ für die katholischen Schüler. Eine evangelische Lateinschule wurde vom rein katholischen Magistrat verboten. Erst um das Jahr 1654 wurde eine evangelische Lateinschule gegründet und damit gab es eine „Evangelische Kinderzeche“, bei der die Kinder der evangelischen Deutschen Schule mitfeiern durften. Jeweils vier Gulden wurden an die Kinder ausbezahlt und beide Schulfeiern wurden bis zum Reichsstadtende im Jahr 1802 zeitlich und konfessionell getrennt abgehalten. Die katholischen Schüler feierten mit Tänzen in der Schule und das Fest der evangelischen Schüler weitete sich zu einem städtischen Volksfest auf dem Schieẞwasen aus. Ein "Kinderauszug“ in Fantasieuniformen samt Festlichkeiten wurde erst im Jahr 1788 chronologisch festgehalten. Ab dem Jahr 1848. wurde die Kinderzeche mit den historischen Ereignissen des Dreißigjährigen Krieges verknüpft. Die Kinder wurden in Schweden-Uniformen gesteckt, der Spruch des Kleinen Obristen erdacht und ab dem Jahr 1897 hatten evangelische und katholische Kinder ihr gemeinsames Fest.
Dinkelsbühls Hymne
Schon etliche Jahre zuvor, 1826, dichtete der Dinkelsbühler Lehrer Elias Nottnagel die Hymne für die Kinderzeche: Schallet heute Jubellieder, tönt von Süd, Nord, Ost und West! Freudespendend kehret wieder, dieses frohe Jubelfest, lautet der erste von sechs Versen. Die Freude über die Kinderzeche steigert sich in jedem Vers. „Um uns her ist alles Freude“ heiẞt es oder „Freunde, Eltern, Schwestern, Brüder stimmt in unser'n Festgesang“ und dass das Freundschaftsband kräftiger umschlinge und „Segne Gott das Vaterland“. Gesungen wird dieses Lied nach dem Spruch des Kleinen Obristen von allen Beteiligten und Zuschauern im großen Chor und nahezu jeder Dinkelsbühler braucht hierzu nicht das offizielle Programmheft der Kinderzeche mit dem abgedruckten Text. Die „Dinkelsbühler Hymne“ drückt alles aus, was die Kinderzeche bedeutet.
"Hier ist jederwillkommen“
Von Freitag, 12. Juli, bis Sonntag, 21. Juli, wird diese Hymne öfters erklingen und ihren Nachhall in den Herzen und Gemüt der Kinderzechgäste finden. Diesen Eindruck fasst auch Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer in seinem Gruẞwort zur Kinderzeche zusammen. Für den OB bedeutet die Kinderzeche ein Gefühl dass der Verbundenheit, jeder willkommen ist und keiner allein sei. Alle feiern gemeinsam. Den Kindern der Stadt ist die Rettung der Stadt zu verdanken und dem Mut einer jungen Frau, der Kinderlore. Sie zog mit ihren „Engeln“ dem schwedischen Obristen Claus-Dietrich von Sperreuth entgegen und gewannen dessen Herz, sodass die Stadt vor der Plünderung und Zerstörung gerettet wurde.
Text und Foto: Peter Tippl